Muschelfischerei
Wenn die Gezeiten den Meeresboden freigeben, gehen nicht nur die Watvögel auf Futtersuche. Schon unsere Vorfahren an den Küsten und den Binnengewässern Schleswig-Holsteins wussten Muscheln und Meeresschnecken als köstliche Nahrungsquelle zu schätzen.
Archäologische Funde von Muschelschalen in den Spuren unserer Vorfahren zeugen noch heute davon. Gerade im Winter wurden manchmal die Vorräte knapp, dann waren die Schalentiere besonders beliebt. In der Nordsee wurden vor allem die Europäische Austern (Ostrea edulis), Miesmuscheln (Mytilus edulis), Herzmuscheln (Cerastoderma edule) und Strandschnecken (Littorina litorea) gefischt.
Schon im Mittelalter wurden Austern als derart wertvoll angesehen, dass sich damals der dänische König die alleinigen Nutzungsrechte sicherte. Somit durften Austern nur noch von Personen gefischt werden, die über eine spezielle Erlaubnis verfügten.
Motorgetriebene Fischereifahrzeuge machten es ab dem zwanzigsten Jahrhundert möglich, erstmals Miesmuscheln auch in größeren Mengen zu fischen. Die Miesmuscheln des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres sind sogar über die Landesgrenzen hinweg bekannt. In Bodenkulturverfahren werden sie gezüchtet und kultiviert. Nachhaltigkeit steht dabei an oberster Stelle und ein entsprechendes Programm des Umweltministeriums wird regelmäßig an die natürlichen Rahmenbedingungen angepasst. Die aktuellste Fassung sieht deswegen große Gebiete des Nationalparks Wattenmeer vor, in denen keine Muschelfischerei stattfindet.
Die Muschelwirtschaft, oder genauer gesagt die Miesmuschelwirtschaft, ist von stark schwankenden Erträgen geprägt. In guten Jahren überholt sie sogar die Krabbenfischerei hinsichtlich Erzeugungsmengen und Umsätzen. Das waren im Jahr 2016 rund 20.000 Tonnen und ein Umsatz von etwa 23 Millionen Euro. Doch es folgen auch schlechte Jahre. Die Schwankungen liegen unter anderem an den zurückgehenden Besatzmuschelmengen, die für die Belegung der Kulturen nötig sind. Um diese Schwankungen auszugleichen, wird nun vermehrt in alternative Verfahren zur Besatzmuschelgewinnung investiert. Diese Verfahren finden in Saatmuschelgewinnungsanlagen statt. Erste Erfahrungen mit diesen Anlagen stimmen positiv. Die Hoffnung, die Schwankungen der Erträge bald dauerhaft ausgleichen zu können, steigt.
Auch wenn die schleswig-holsteinische Muschelnutzung hauptsächlich im Wattenmeer stattfindet, so ist sie nicht auf dieses Gebiet beschränkt: Schon im neunzehnten Jahrhundert wurden in den Förden der Ostsee Miesmuscheln an in den Meeresgrund gerammten Bäumen kultiviert, bis die zunehmende Hafennutzung dieser Zucht ein Ende setzte. Doch seit 2014 werden in der Kieler Förde wieder Miesmuscheln unter modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen mit wachsendem Erfolg kultiviert.
Der einzige Austernzuchtbetrieb in Deutschland ist eine Besonderheit, die es nur auf der Insel Sylt gibt.