Der Aal – Wanderer auf gefährlichen Wegen
Aale sehen mehr von der Welt. Als sogenannte Wanderfische legen sie nicht nur Tausende von Kilometern zurück, sie sind vor allem anpassungsfähig. Dennoch gilt der Aal seit Mitte der 2000er-Jahre als gefährdet. Doch es gibt zunehmend Initiativen, um dem Aal eine sichere Zukunft zu verschaffen – auch in Schleswig-Holstein.
Lange gab der Aal den Menschen Rätsel auf. Seine Herkunft: Unbekannt. Sein Paarungsverhalten: Nie gesehen. Seine Zuordnung: Zumindest im Mittelalter noch fragwürdig – man zählte ihn zu den Schlangen. Seit dieser Zeit hat sich viel getan, und die Wissenschaft hat Antworten auf die meisten Fragen gefunden. Der Europäische Aal, wie wir ihn kennen, schlüpft in der Sargassosee, östlich von Florida.
Von dort aus gehen die Larven auf eine lange, weite Reise. Erst eine Entwicklungsstufe später erreichen sie nach bis zu drei Jahren als Glasaale unsere Gewässer. Viele steigen hier die Flüsse hinauf. Dabei können die kleinen Aale sogar über Wehre klettern; ihre Fähigkeit, über die Haut zu atmen, macht es ihnen möglich.
Im Alter zwischen acht und zwölf Jahren werden Aale geschlechtsreif. Dann heißt es: Zurück auf Start – die Aale nehmen zum Laichen wieder Kurs auf die Sargassosee. Seine enorme Ausdauer und Anpassungsfähigkeit zeichnen den Aal aus. Aber die sich stark verändernden Lebensbedingungen haben ihm zuletzt schwer zugesetzt. Inzwischen gilt der Aal als bedrohte Tierart.
Das Glasaalaufkommen ist seit der Mitte der 1980er-Jahre um 90 Prozent zurückgegangen, im Nord- und Ostseeraum sogar um etwa 98 Prozent. Umweltverschmutzung, Fließwasserverbauung und auch der inzwischen verbotene Export von Glasaalen nach Asien sind nur einige der Gründe. Müssen wir deshalb komplett auf den Fang und Genuss von Aalen verzichten? So einfach ist die Lösung zum Glück nicht. Fischer und Wissenschaft unternehmen schon seit Längerem gemeinsam intensive Anstrengungen, um den Bestand zu stabilisieren.
Europaweite Projekte wie die Sustainable Eel Group (Nachhaltige Aal Gruppe) haben es sich zum Ziel gesetzt, über den Aal und dessen Gefährdung aufzuklären. Und das mit ersten Erfolgen. Seit 2011 ist die Zahl der Aale nicht weiter gesunken, zuletzt war die Tendenz sogar leicht positiv.
Um den Aalen das Leben und Überleben in unseren Regionen leichter zu machen, sind verschiedene Maßnahmen möglich: zum Beispiel der Rückbau von unnatürlichen Gewässerveränderungen oder auch der Bau von Fischtreppen. Die Züchtung der Fische ist dagegen leider keine Option. Zu wenig ist bis heute über die Fortpflanzung der Aale bekannt. Aber zunehmend wird der Ansatz verfolgt, Glasaale in Aalfarmen aufzupäppeln, bis sie ein Gewicht von vier bis zwölf Gramm erreicht haben – und sie dann in großer Zahl auszusetzen.
Ein bekanntes Beispiel ist die Besatzaktion „Aal utsetten in de Schlie“. Bereits seit 2010 werden mehrmals im Jahr Glasaale in großer Zahl im Ostseefjord Schlei ausgesetzt. Mit zunehmendem Erfolg. Der Bestand des „Brotfischs“ der Schleifischer erholt sich langsam wieder. Mittelfristiges Ziel ist es, zumindest wieder 40 Prozent des Aalbestands der 1970er-Jahre zu erreichen.
Um die Finanzierung der Besatzaktionen sicherzustellen, wurde 2016 der gemeinnützige „Förderverein zur Erhaltung maritimer Lebensformen und Lebensräume“ gegründet. Und der setzt in Sachen Aal-Arterhaltung auch auf kreatives Marketing: Wer in die Zukunft der Aale investieren möchte, kann Aal-Aktien erwerben.
Damit sich zukünftig wieder vermehrt Aale in unseren Gewässern tummeln – und auch auf unseren Tellern, ohne dass wir deshalb ein schlechtes Gewissen haben müssen.