Die ohnehin durch immer geringere Fangquoten schwer gebeutelte Küstenfischerei in der Ostsee hat in diesem Jahr auch mit Corona zu kämpfen.
Die frischen Fische, die die Küstenfischer innerhalb ihrer Quote noch fangen dürfen, konnten sie zeitweilig kaum absetzen. „Die Großabnehmer, die Fischgeschäfte und die Gastronomie haben fast keinen Fisch mehr abgenommen. Auch das Fehlen der Touristen hat sich deutlich bemerkbar gemacht. Das hat sich erst einigen Wochen langsam wieder gebessert. Es ist aber noch nicht wieder normal“, erklärt Lorenz Marckwardt, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes.
Ganz anders ist die Situation noch immer bei den Krabbenfischern; hier hält die Krise weiter an. Die Schälzentren im Ausland sind zum Teil wegen der Hygienemaßnahmen immer noch geschlossen oder arbeiten nur eingeschränkt. So kann der Fang nicht weiterverarbeitet und anschließend vermarktet werden. „Einige Kollegen vermarkten ihren Fang auch ungepult direkt ab Kutter. Aber das bringt nicht den Umsatz, den man zum Überleben braucht“, erzählt Jan Möller, Krabbenfischer aus Büsum.
Die EU hat durch kurzfristige Änderung der Europäischen Meeres- und Fischereifond (EMFF) -Verordnung ein Programm zum Erhalt der Fischereibetriebe und zur Schonung der Fischbestände aufgestellt. Der Bund legt dafür die nationalen Spielregeln für die Abwicklung fest und stellt auch die nationale Kofinanzierung zur Verfügung. Das Land Schleswig-Holstein setzt sein Geld aus dem EMFF ein und wickelt das Programm organisatorisch ab.
Dieses Geld wurde in Form eines sogenannten Stilllegegeldes gezahlt. Voraussetzung dafür war, dass die Fischer für 30 Tage am Stück jegliche Fischereitätigkeit einstellen. Dies galt für die Frischfischfischerei der Ostsee im ersten Halbjahr von April bis Ende Juni. Doch im Vergleich mit Berufskollegen aus anderen EU-Ländern fühlten sich die Fischer hierzulande wettbewerbsverzerrend behandelt. „In Holland zum Beispiel wurden die Stilllegezeiten und die Berechnung der Gelder viel praktikabler gelöst“, findet Fischer Jan Möller. Deswegen demonstrierten die Fischer auch am 20. Mai vor dem Landeshaus in Kiel. Zeitgleich fand eine Demo der niedersächsischen Fischer vor der Landesregierung in Hannover statt.
Inzwischen wurde eine zweite Förderperiode für die Krabbenfischer in der Nordsee ausgegeben. Für das zweite Halbjahr wurde vom Fischereiministerium für diese Fischer ein Stilllegegeld für bis zu 30 Tage eingerichtet, zusätzlich zu den Corona-Hilfen, die andere Betriebe auch bekommen. Diese 30 Tage dürfen nun in 10 -, 20- und 30 - Tagesblöcken gestückelt werden und können auch nur teilweise in Anspruch genommen werden. So entsteht mehr Flexibilität. Auch die Tagessätze wurden erhöht. Dennoch sind die Fischer nicht vollends zufrieden. „Die holländischen Kollegen nutzen ihre Liegezeiten und lassen ihre Schiffe in der Werft generalüberholen. Uns sind an den Liegetagen gerade mal kleinste Maler- oder Reparaturarbeiten erlaubt“, weiß Jan Möller zu berichten. Zu hoffen bleibt nur, dass die Krabbenfischer auch diese Krise überstehen, denn eine schleswig-holsteinische Nordseeküste ohne Krabbenfischer, das ist wie Lübeck ohne Marzipan.