In Europa wurden bereits von den Römern Karpfen in Teichen gehalten. Im Mittelalter fand die Karpfenzucht durch Zisterzienser Mönche eine starke Verbreitung. Und noch heute findet man auf vielen landwirtschaftlichen Betrieben und Gütern in Schleswig-Holstein traditionell auch einen oder mehrere Karpfenteiche. Die dort gezüchteten Spiegelkarpfen bereicherten früher häufig die Speisekarte. Viele lassen den Karpfen heute allerdings links liegen, weil er den Ruf hat, besonders fett und grätenreich zu sein. Auch ein muffiger Geschmack wird ihm nachgesagt.
Mit dem ersten Vorurteil lässt sich einfach aufräumen. Bei extensiver Haltung, wie sie in Schleswig-Holstein typisch ist, enthält Karpfen tatsächlich nicht einmal 5 g Fett pro 100 g, dafür aber 18 g Eiweiß. Darüber hinaus liefert Karpfen Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Calcium und die Spurenelemente Magnesium, Phosphor, Eisen und Jod. Außerdem enthält Karpfen auch B-Vitaminen und Vitamin A. Unter den Süßwasserfischen ist Karpfen der beste Calciumlieferant, hinzu kommen beachtliche Mengen an Phosphor. Beides zusammen ist ein Garant für starke und feste Knochen und Zähne.
Am bemerkenswertesten ist jedoch die Nachhaltigkeit der Karpfenhaltung. Die Fische leben in flachen Teichen, die sich im Sommer schnell erwärmen. In der Fischzucht werden die größeren Karpfen meistens ausschließlich mit regionalem Getreide zugefüttert. Die Teichanlagen der Fischzüchter bieten zugleich vielen anderen wild lebenden Arten, wie Reptilien, Amphibien, Wasservögeln und Wasserinsekten einen Lebensraum. Das macht die Karpfenzucht zur nachhaltigsten Art der Aquakultur.
Für das zweite Problem, den Grätenreichtum der Fische, hat gibt es inzwischen eine technische Lösung. Mit Grätenschneidern werden die sehr dünnen Bindegewebsverknöcherungen so weit zerkleinert, dass sie im Filet des Fisches beim Genuss praktisch nicht mehr wahrnehmbar sind.
Im November, wenn es kälter wird, werden traditionell die Teiche abgelassen und die Tiere für den Verkauf in Hälterbecken mit frischem Wasser umgesetzt. Hier leben die Fische einige Tage bis Wochen und verlieren auf diese Art auch ihren typischen Teichgeschmack.
Es lohnt sich also, diesem traditionellen Fisch wieder mehr Beachtung zu schenken. Er ist in der Küche ein wahrer Alleskönner. Man kann ihn kochen, braten, frittieren, backen, dünsten, grillen, räuchern, und er schmeckt auch roh als Sushi-Fisch. Am besten kauft man ihn direkt beim Züchter vor Ort. Meistens bekommt man hier auch noch den besten Tipp für eine schmackhafte Zubereitung.