Fingerspitzengefühl in eiskalten Händen

Kilian Lauff mit zeigt eine kapitale Meerforelle.

Forellenbrut in der Kreislaufanlage.

 

Es ist gerade mal 1°C Lufttemperatur. Das Wasser dürfte ähnlich warm ein. Normalen Menschen frieren an der Luft schon die Finger, doch Kilian Lauff braucht in seinen Fingern gerade jetzt viel Gefühl, um bedrohten Fischarten auf die Sprünge zu helfen. In der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf kümmert er sich um Generationen neuer Meerforellen und Ostseeschnäpel.

Kurz vor dem Gefrierpunkt ist die Wohlfühltemperatur der Meerforellen. Bis zu zehn Kilo können sie schwer werden. Laien sind erstaunt, wenn sie sich diese beeindrucken Fische in den heimischen Bächen hier in Schleswig-Holstein vorstellen. Und doch steigen Jahr für Jahr anadrome Fische, wie die Meerforellen, aus dem Salzwasser der Meere in unsere Süßwassergewässer auf, um hier ihre Eier abzulegen und neuen Nachwuchs zu produzieren.

Zurzeit ist Kilian Lauff mit seinen Helfern fast täglich unterwegs. Kleine Bäche und Quellgebiete der Flüsse, die von Angelvereinen in Schleswig-Holstein gehegt werden, sind seine Fanggründe für die Meerforellen. „Die Angelvereine sind die Pächter dieser Gewässer. Aber sie lassen uns hier fischen und engagieren sich damit ganz uneigennützig für eine Fischart, die sie selbst fast nie an der Angel haben.“ Wenn nicht gerade Corona die Zusammenarbeit erschwert, sind ehrenamtliche Helfer der Angelvereine auch fast immer mit zur Stelle, wenn Kilian Lauff dort fischt. Kilian Lauff ist Angestellter des Verbandes der Binnenfischer und Teichwirte in Schleswig-Holstein. Finanziert wird das Projekt durch die Fischereiabgabe Seit einem Jahr arbeitet der 28-jährige Fischwirtschaftsmeister hauptberuflich für den Verband auf der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf in Warder. Hier brütet er Meerforellen- und Ostseeschnäpeleier aus, um die Jungfische demnächst wieder in die Freiheit zu entlassen. „Wir greifen hier Fischarten unter die Arme, die es in der Natur bei uns schwer haben. Durch Begradigungen und Verbauungen sind die natürlichen Laichgründe der Fische immer weniger geworden“, erklärt er. Um Laichen zu können, brauchen Meerforellen zum Beispiel sauerstoffreiche kleine Fließgewässer mit kiesigem Untergrund. Auch wenn viele Angelvereine sich darum bemühen, die natürlichen Zustände ihrer ehemals begradigten Gewässer wiederherzustellen, dient es trotzdem der Arterhaltung, einem Teil der Fische den Start ins Leben zu erleichtern. „Eigentlich arbeiten wir alle daran, meinen Job hier überflüssig zu machen!“

Mit Keschern, an die ein Gleichstrom angelegt ist, werden die Elterntiere in den Bächen gefangen. „Die Tiere werden vom Pluspol angezogen und schwimmen in den Kescher. Dann sind sie ein wenig betäubt. So kann man sie am schonendsten fangen. Wir entnehmen niemals alle Elterntiere aus einem Gewässer. Nur einen kleinen Prozentsatz.“ Diese Fische werden auf der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf in Hälterbecken gesetzt. Streng nach ihrem Ursprungsgewässer getrennt, schwimmen hier die männlichen Tiere, die Milchner genannt werden, und die weiblichen Tiere, die Rogner heißen, bis die Eier der Weibchen zur Eiablage reif sind.

Einmal in der Woche sortiert Kilian Lauff in Alt-Mühlendorf die Becken durch. Die Fische eines Beckens werden gefangen und Kilian Lauff betrachtet und befühlt jeden Fisch. Er kann daran, wie weich oder noch hart der Bauch sich anfühlt, erkennen, ob es sich um einen Milchner oder einen Rogner handelt und ob die Eier im Bauch der weiblichen Tiere schon reif sind. Die Tiere, die zur Eiablage bereit sind, werden kurz narkotisiert. „Dann ist das Abstreifen nicht so stressig für die Tiere.“ Mit festem Griff hält er die Schwanzwurzel der Meerforelle, der Kopf ruht in seiner Armbeuge und mit zwei Fingern massiert er vorsichtig die Eier aus dem Bauch des Fisches. Ein dicker Strahl Forellenrogen ergießt sich in eine bereitgestellte Plastikschüssel. Hat er alle weiblichen Tiere eines Habitats abgestreift, vermischt und verteilt Kilian Lauff die Eier der verschiedenen Weibchen auf mehrere Schüsseln und gibt in jede Schüssel die Milch oder besser gesagt das Sperma von je einem Männchen. So erhält er eine größtmögliche genetische Vielfalt. „Ich möchte ja nicht nur Geschwister produzieren“, erklärt er. Dann durchmischt er Rogen und Milch und gibt frisches Wasser hinzu. „Das Wasser aktiviert die Spermien. Zack fertig Fischbabys!“, meint Lauff lachend. - Nein so schnell geht es natürlich nicht. Erst spült Lauff alles überflüssige Eiweiß heraus. Nach einer halben Stunde hat sich die Eischale verhärtet und tausende kleine orange Perlen schwimmen in der Schüssel. „Das ist ein Zeichen dafür, dass sie befruchtet sind.“

Nun bekommen die Fischbabys einen eigenen Einschub in der Kreislaufanlage. Hier werden sie ständig mit frisch gefiltertem Wasser umspült und von Kilian Lauff gehegt und beobachtet. „Es dauert so ungefähr bis Ostern, bis die kleinen Fische geschlüpft sind und ihre Dottersäcke aufgebraucht haben. Dann werden sie wieder genau dort ausgesetzt, wo wir ihre Eltern gefangen haben.“ Mit gut 1,5 cm Größe werden dann die kleinen Fische auf die Reise geschickt. „Wir greifen so wenig in die Natur ein, wie es geht“, erklärt Lauff, wohl wissend, dass sie jungen Fischlein, die er so sorgsam gehegt hat, Nahrungsgrundlage für viele andere Arten sind, die in und an den Gewässern leben. Kilian Lauff hofft trotzdem einige von ihnen irgendwann als Elterntiere wieder in seiner Anlage beherbergen zu dürfen. Ihre Eltern sind inzwischen schon wieder auf der Reise zurück von der Treene, der Trave, der Jevenau oder Haaler Au und den vielen weiteren Flüssen und Bächen in die Meere rund um Schleswig-Holstein. Dass ihnen die Prozedur nichts ausmacht und sie keinen Schaden nehmen, zeigt sich allein darin, dass sie jedes Jahr wieder in ihre Brutgewässer aufsteigen und so mancher Fisch schon mehrfach hier in der Fischbrutanlage zu Gast war.

Auch der Landessportfischereiverband e.V. engagiert sich in der Arterhaltung und betreibt eine eigene Fischbrutanlage in Aukrug. Diese wurde erst im vergangenen Jahr mit Mitteln aus der Fischereiabgabe umfangreich renoviert. Dort werden jedes Jahr rund 800.000 Eier der großen Wandersalmoniden, wie der Meerforelle, aufgelegt. So sorgen die Angler und der Verband der Binnenfischer und Teichwirte in gemeinsamer Anstrengung dafür, dass es diese Fische noch immer in unseren Gewässern gibt.

Sehen Sie auch unsere Fotoreportage aus der Fischbrutanstalt Alt-Mühlendorf.

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