Empfindliche Tiere mit harter Schale

Europäischer Edelkrebs

Helmut Jeske

In wenigen Seen und Flüssen in Schleswig-Holstein leben sie noch weitgehend unbemerkt und unbeachtet: Die Europäischen Flusskrebse (Astacus astacus), auch Edelkrebse genannt. Sie gehören zu den höchst gefährdeten Tieren, die es bei uns in freier Wildbahn gibt. Wasserverschmutzung und eingeschleppte Krankheiten machen den Tieren zu schaffen. Helmut Jeske züchtet die exquisiten Speisekrebse und gibt der Art die Chance zu überleben. Doch auch in seiner geschützten Zucht muss er für seine Krebse gegen Bedrohungen kämpfen.

„Sobald das Eis weg ist, lassen wir den Teich mit den Zuchttieren ab. Das ist in der Regel im März. Dann sind die Weibchen Eier tragend“, erklärt Helmut Jeske seine Arbeit. Vorsichtig werden die befruchteten Eier dann von den Tieren abgestreift. Sie kommen in kleine Körbchen, die in sauberem und sauerstoffreichem Wasser der Brutanlage hängen. Helmut Jeske steht dann täglich zwei Stunden über die Brutmaschine gebeugt und spielt Ersatzmutter für 100.000 Krebseier. Er pickt alle Eier heraus, die abgestorben sind und pflegt die Brut. In der eigens für diesen Zweck gebauten Brutanlage werden die Eier, durch einen Elektromotor angetrieben, langsam hin und her geschwenkt. Das simuliert die Bewegung, mit der eine fürsorgliche Krebsmutter ihrem Nachwuchs ständig frisches Wasser zufächelt. Um einen optimalen Bruterfolg zu erreichen und nichts dem Zufall zu überlassen, nimmt er seinen weiblichen Tieren die Arbeit der Brutpflege ab. Mit seiner jahrelangen Erfahrung in der Edelkrebszucht schafft er es, dass 80 bis 90 % der Larven schlüpfen und später in die Kreislaufteichanlage gesetzt werden können. Sechs bis acht Wochen dauert es, bis die Larven schlüpfen und sich noch einmal häuten. „In der ersten oder zweiten Maiwoche werden die Brütlinge dann ausgesetzt“, erklärt Jeske.

 

Rätsel um den Rückgang

 

Als Helmut Jeske vor 40 Jahren mit seiner Krebszucht anfing, hatte er recht schnell Erfolge, obwohl er diesen Beruf nicht einmal gelernt hat. „Das kann man nicht lernen“, erzählt er. „Und auch was in der Literatur steht, ist mit Vorsicht zu genießen.“ Mit 23 Jahren schon folgte er seiner Leidenschaft und widmete sich der Zucht dieser immer seltener werdenden Tiere. Doch in den letzten Jahren wurde es immer schwieriger. „Ich hatte nicht mehr den Ertrag, wie ich es gewohnt war. Immer wieder gab es extreme Ausfälle und Wachstumseinbußen, und ich konnte mir einfach nicht erklären warum.“ Nicht nur die Krebse in seinen Teichen überlebten immer weniger, auch die Elritzen, die er hier züchtet, schienen unter irgendetwas zu leiden. Auch hier konnte sich Jeske den Rückgang des Zuchterfolges nicht erklären. Er holte sich Hilfe.

 

Forschung und Erkenntnis

 

Seine Anlage ist ein Ort der Forschung. In verschiedenen Projekten, finanziert durch das Bundesumweltministerium, wird hier geforscht. Bachelor- und Doktorarbeiten werden hier geschrieben. So konnte auch Jan Laurenz, finanziert durch ein Stipendium, seine Dissertation der Erforschung des zurückgehenden Zuchterfolges bei den Edelkrebsen widmen. 

Er fand heraus, dass das im Maisanbau gebräuchliche Pflanzenschutzmittel Terbuthylazin für den deutlichen Rückgang der Zuchterfolge verantwortlich war.

Helmut Jeske verwendet aber in seiner Kreislaufanlage ausschließlich frisches Grundwasser, welches er immer wieder aufbereitet. Ein Eintrag durch verunreinigte Zuleitungen kam also nicht in Betracht.

 

„Die Pflanzenschutzmittel werden beim Spritzen vom Wind über weite Strecken verdriftet. Als vor 10 Jahren direkt neben meiner Teichanlage Mais angebaut wurde, gab es die ersten massiven Ausfälle, die in einigen Teichen bei nahezu 100 % lagen, selbst die Wasserpflanzen starben. Über diese massiven Ausfälle wurde es nach vielen Untersuchen, die ins Leere liefen, erst möglich, auf die Spur von Terbuthylazin zu kommen“, berichtet Helmut Jeske.

Er suchte den Kontakt zu seinem Nachbarn und konnte ihn überzeugen nicht mehr in direkter Nachbarschaft zu seiner Teichanlage Mais anzubauen. Schon diese Maßnahme zeigt Erfolge, und im darauffolgenden Jahr konnte er wieder deutlich mehr Bruterfolg bei seinen Krebsen verzeichnen.

 

Neben den jungen Forschern, die seine Anlage nutzen, um neue Erkenntnisse über die Umwelt und die Krebszucht zu erlangen, testet Helmut Jeske selber immer neue Methoden aus, um seine Kreislaufanlage weiter zu entwickeln. Zum Beispiel probiert er, welche Fischarten sich zum gegenseitigen Nutzen der Tiere mit den Krebsen vergesellschaften lassen. Jeske arbeitet hier mit Maränen, Ostseeschnäpeln und mit Meerforellen. Aber auch die kleinen Elritzen hält er in einigen Teichen zusammen mit den Krebsen. „Ich finde, das sind ja mit die schönsten Fische, die wir hier haben“, meint Jeske über den kleinen Süßwasserfisch, der auch in der Natur immer seltener anzutreffen ist.

 

Finanzierung der Arterhaltung

 

1,2 ha Wasserfläche umfasst Jeskes Teichanlage. Pro Teich wird immer nur ein Jahrgang Krebse zusammen mit einer Fischart gehalten. Um die aufwendige Haltung und Zucht der Tiere finanzieren zu können, werden diese natürlich auch verkauft. „Ich beliefere Großhändler in ganz Europa, die die Krebse weiterverkaufen. Und wir besetzen Kiesgruben hier in Schleswig-Holstein. Das wird von der Fischereiabgabe (Link) bezahlt, und die Flächen werden von den Gemeinden oder den Eigentümern zur Verfügung gestellt. Das ist eine schöne Sache. Ich habe das immer gewollt, und das hat sich jetzt zum Glück so entwickelt. So haben wir die Tiere auch noch in anderen Gewässern, denn im Langsee werden sie weniger“, erklärt Jeske, der sich freut, so zur Erhaltung der Art beitragen zu können.

 

Doch der Europäische Flusskrebs hat seinen zweiten Namen „Edelkrebs“ ja nicht zuletzt deswegen erhalten, weil er als das schmackhafteste unter den Schalentieren bekannt ist. Früher kam der Krebs auch in Schleswig-Holstein oft auf den Teller, heute leisten sich Liebhaber und Feinschmecker hin und wieder ein edles Krebsessen. Zwei bis drei Sommer dauert es, bis die Tiere in Oeversee auf 70 g bis 90 g herangewachsen sind. Dann sind sie groß genug für den Verkauf. Auch Jeske isst die seine Tiere gerne hin und wieder. „Ja sicher, deswegen habe ich mit der Zucht doch erst angefangen!“, lacht er.

 

Die letzten ihrer Art

 

Auch wenn er von seiner Zucht leben will, steht der Aspekt der Arterhaltung seiner Krebse im Vordergrund seiner Tätigkeit. Dabei sind die Schleswig-Holsteinischen Edelkrebse auch noch etwas ganz besonderes. „Forscher haben die Genetik unserer Krebse untersucht und festgestellt, dass die Tiere aus dem Schulensee und die aus dem Langsee, dem Benzer See und möglicherweise noch anderen eine einzigartige Genetik haben. Die Theorie ist, dass diese Arten hier die letzte Eiszeit überlebt haben.“ Nach dieser Eiszeit wurde Europa wieder von Flusskrebsen aus dem Donauraum neu besiedelt, doch diese Schleswig-Holsteiner Krebse, die schon vor der letzten Eiszeit hier waren, gibt es nur hier immer noch.

 

Doch heute ist die Art stark gefährdet. Wasserverschmutzung und die Veränderung seines Lebensraumes durch den Menschen bedrohen ihn. Eine große Gefahr sind jedoch auch Aliens. Eingeschleppte amerikanische Krebsarten nehmen den Tieren nicht nur den Lebensraum weg, die übertragen auch den größten Übeltäter: die sogenannte Krebspest. Gegen diesen Fadenpilz, der die Krebse befällt, haben sie trotz ihrer harten Schale kaum eine Chance.

 

Möglichst kein Risiko

 

Wie wir inzwischen bitter am eigenen Leib erfahren mussten, ist die einzige Waffe gegen eingeschleppte Krankheiten die Hygiene. Und das ist auch Helmut Jeskes einzige Möglichkeit, sich gegen diese Pest wehren. Wildgefangene Tiere, die er zur Auffrischung der genetischen Vielfalt in seine Bestände holt, kommen zunächst in Quarantäne. Das Wasser seiner Kreislaufanlage wird ständig wieder aufbereitet, und es gibt kein offenes Naturgewässer in der Nähe, damit sich auch kein nicht heimischer Krebs in die Teiche einschleicht. Außerdem müssen Fressfeinde ausgesperrt bleiben. „Bisamratten könnten noch unter dem Eis ganze Teiche leer fressen“, erklärt Jeske. Aber auch Enten und Kormorane sind große Risikofaktoren. „Kormorane kommen hier nass an. Die können alles Mögliche hier einschleppen“, erklärt Jeske. Und seit neustem bekommt er immer öfter auch Besuch von Fischottern. „Fischotter fressen ganze Teiche leer. Ich habe jetzt einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für einen Otterzaun gestellt. Das kann ich nicht allein finanzieren. Aber wenn der Otter hier in Schleswig-Holstein gewollt ist, dann muss man auch dafür bezahlen.“ Wenn er keinen Zaun bauen kann, dann muss Helmut Jeske seine Krebszucht und damit seinen Beitrag zur Arterhaltung schließen, betont er.

 

Die unscheinbaren drei

 

Aber noch ist es nicht so weit, und Helmut Jeske hat trotz seiner Rückschläge den Mut nicht verloren. „Ich habe als Kind schon immer alles aufgesammelt und mich für die Tiere interessiert“, lacht er. „Eigentlich mache ich hier nichts anderes. Deswegen fühle mich hier auch so wohl. Und wenn sich hier in Schleswig-Holstein wieder Rebhühner, Laubfrösche und Edelkrebse wohlfühlen, dann haben wir im Umweltschutz vieles richtig gemacht“, ist Helmut Jeske überzeugt und arbeitet daran, seinen Teil dazu beizutragen.

Krebszucht Oeversee

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