Tausende kleine Aale, 10 bis 12 cm lang und nicht viel dicker als ein Bleistift, wuseln in den großen Tonnen. Noch wissen sie nicht, was ihnen bevorsteht. Gefangen wurden sie als sogenannte Glasaale vor der Küste Frankreichs. Doch sie landeten nicht, wie so viele ihrer Schicksalsgefährten illegaler weise in Asien, sie kamen in eine Aufzuchtstation in Niedersachsen, wo sie gehegt und vorgestreckt wurden, wie man das Aufziehen junger Aale nennt.
Für die Fischer an der Schlei ist der Aal einer der wichtigsten Fische, den sie fangen. Doch die Bestände gehen seit Jahren stark zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Das sich ändernde Klima spielt genauso eine Rolle, wie Umweltverschmutzung und die Verbauung der Wanderwege. Wasserkraftanlagen und Staustufen machen es dem Aal schwer in ihre angestammten Süßwassergebiete aufzusteigen, oder, wenn sie geschlechtsreif sind, zur Paarung zurück in die Sargassosee zu wandern. Parasiten und eine steigende Zahl an Fressfeinden, wie dem Kormoran, reduzieren den Bestand. Auch die Fischerei hat einen Anteil an dem Rückgang. Außerdem werden Glasaale illegal nach Asien exportiert, wo sie gemästet werden und als ausgewachsene Speiseaale auf den Tellern laden.
Mit dem Rückgang des Aalbestandes geht auch die Anzahl der Fischer, die vom Aalfang leben können, in Schleswig-Holstein zurück. Deswegen sind die heimischen Fischer natürlich daran interessiert den Aalbestand in Schleswig-Holstein zu stärken. Sie möchten ihren „Brotfisch“ gerne auch in Zukunft fangen können. Ebenso wichtig ist es ihnen, dass möglichst viele Aale frei zum Laichen abwandern können. Die Bedingungen in der Schlei sind dafür ideal. Hier finden die Aale hervorragende Nahrungsbedingungen zum Aufwachsen und von hier aus können sie ungehindert ins Meer abwandern. Nur wenn viele Aale das Laichgebiet erreichen und sich erfolgreich vermehren, wird der Aalbesatz irgendwann entbehrlich. So organisiert der Förderverein zur Erhaltung maritimer Lebensformen und Lebensräume schon seit zehn Jahren einen Besatz mit tausenden von jungen Aalen in die Schlei. In diesem Februar wurden bereits 805.000 Glasaale in der Schlei ausgesetzt. Mit dem großen „Aalusetten in de Schlie“ kamen am 2. September noch einmal 54.000 vorgestreckte Aale hinzu. So gehen Schutz und Nutzung hier Hand in Hand.
Diese Veranstaltung findet immer unter großer Aufmerksamkeit aus der Politik statt. Der frühere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, lässt es sich nicht nehmen, beim Aalutsetten persönlich anwesend zu sein: „Ich bin immer froh, mit Fischern zu reden, weil das Praktiker sind. Die bringen ihre Erfahrung und handfestes Wissen mit. Es sind diejenigen, die den Fischbestand hier genau beobachten, weil sie ihren Broterwerb daraus haben wollen.“ Er betonte, dass er die Sorge der Fischer auch aus gesamtgesellschaftlichen Gründen teilt: „Stellen sie sich einmal vor, wenn diejenigen, die hier Urlaub machen, die Fisch essen wollen und die hier Fischerboote sehen wollen, wenn die hier keine Fischer mehr finden. Die Fischerei ist hier eine Attraktion, die auch für den Tourismus wichtig ist.“
Auch sein Nachfolger im Amt, der aktuelle Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, nahm zum wiederholten Male an der Aktion teil. Er ergänzte die Ausführungen Carstensens: „Ich will auch ein Zeichen setzen an die Fischer in unserem Land, dass sie mir am Herzen liegen. Wir wollen alle auch hauptberufliche Fischer in unserem Lande haben, nicht nur aus nostalgischen Gründen, sondern weil das zu Schleswig-Holstein dazu gehört!“
Als Ehrengast war neben den Politikern auch ein junger Fischer eingeladen, der über seine Erfahrungen direkt berichten konnte. Christian Ross nutzte die Gelegenheit und sprach über seine Sorgen um den Berufsstand: „Ich glaube ganz ehrlich nicht, dass ich noch bis zur Rente Fischer bleiben kann.“ Unter anderem machen ihm die schwankenden Quoten für Dorsche zu schaffen. Eine Investition in modernere Kutter lohne sich für einen jungen Fischer nicht. „Wir brauchen Planungssicherheit“, betonte der 31-jährige.
Wohl wissend um die Wechselwirkung zwischen dem Aalbestand und der Wirtschaft in der gesamten Region, begrüßte Schleifischer und Mitorganisator Olaf Jensen auch Vertreter des Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e. V. und betonte: „Die regionale Küche hängt eng mit der lokalen Fischerei zusammen!“
Finanziert wird die Aktion zu 60% aus öffentlichen Mitteln der Fischereiabgabe und dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF). 40% werden durch Eigenmittel der Fischer und durch Spenden aufgebracht. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Besatzaktion zu lenken. Förderer können sogenannte Aalaktien erwerben, mit denen sie Aktion finanziell unterstützen.
Doch die Hauptakteure des ganzen Nachmittags, die vielen tausend winzigen Aale, hatten derweil nur eines im Sinn: Sie wurden von den Politikern, von Vertretern der DEHOGA, und von den Fischern in die Freiheit geschickt. So schwimmen sie jetzt in der Schlei; begleitet von den guten Wünschen der Menschen, dass sie groß und kräftig werden und einige von ihnen irgendwann den Weg zurück in die Sargassosee finden, um dort selbst wieder für Nachwuchs zu sorgen.
Mehr interessante Informationen zu dem besonderen Fisch Aal finden sie auch hier: Der Aal und hier Förderverein zur Erhaltung maritimer Lebensformen und Lebensräume .